Autonomes Fahren Teil 9/10: Hürden auf dem Weg zur Mobilität von Übermorgen

Die größte Hürde auf dem Weg zu einer modernen Mobilität von Übermorgen stellen die gesetzlichen Rahmenbedingungen dar. Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich selbstfahrende Fahrzeuge mit der aktuellen Rechtslage nicht vereinbaren und sind somit im Straßenverkehr nicht zulässig. 

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Zulassung autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr

Grundlage hierfür ist das Wiener Übereinkommen vom 8. November 1968. Dieses ist ein Vertrag zwischen einigen Staaten, darunter auch Deutschland, durch welchen dem Straßenverkehr mehr Sicherheit verliehen werden soll. Artikel 8 Absatz 1 besagt, dass „jedes Fahrzeug und miteinander verbundene Fahrzeuge einen Führer haben müssen, wenn sie in Bewegung sind. Laut der Definition in Artikel 1 v) ist ein „Führer“ eine Person, die das Kraftfahrzeug oder andere Fahrzeuge lenkt.

Bei autonomen Fahrzeugen ist der Führer ein computergesteuertes System, welches keine Person darstellt und somit wird Absatz 1 nicht erfüllt. Weiterhin besagt Artikel 8 Absatz 5, dass der Fahrer zu jeder Zeit die Kontrolle über sein Fahrzeug haben muss. Beim vollautomatisierten Auto kann der Mensch während der Fahrt Filme schauen, Zeitung lesen oder einfach entspannen. Dies bedeutet, dass er abgelenkt ist und somit nicht dauernd die Beherrschung über das Fahrzeug hat.

Haftungsrecht bei möglichen Schäden

Zudem stellt sich die Frage, wer bei Unfällen haftet und für etwaige Schäden aufkommen muss. Die deutschen Gesetzestexte liefern einige Paragraphen bezüglich des Haftungsrechts, welche im Folgenden näher erläutert werden.

Laut §7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes muss der Halter des Fahrzeuges bei Personen- oder Sachschäden haften. Der Halter eines Fahrzeuges wurde durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachsen definiert und ist nach BGHZ 13, 351 derjenige, der das Fahrzeug in Gebrauch und die dafür vorausgesetzte Verfügungsgewalt hat. Bei autonomen Fahrzeugen hat das Computersystem die Verfügungsgewalt. Es stellt sich also die Frage wer haftet.

Gemäß §18 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes ist neben dem Halter auch der Fahrzeugführer zum Schadensersatz nach §§8-15 verpflichtet, es sei denn der Schaden wurde nicht durch das Verschulden des Führers verursacht. Wurde der Fehler bei autonomen Autos also nicht durch den Computer verursacht, könnte dieser von der Haftung befreit werden. Kommt es beispielsweise aufgrund einer fehlenden Funkverbindung zum Ausfall des Rechners, liegt kein Verschulden des Führers vor. Erneut kommt die Frage auf, wer in diesem Fall haftet.

Laut §1 Absatz 1 Satz 1 im Produkthaftungsgesetz muss der Hersteller eines Produktes dem Geschädigten Schadensersatz zahlen, wenn durch einen Fehler seines Produktes jemand getötet, verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Ein Produkt hat gemäß §3 Absatz 1 des ProdHaftG einen Fehler, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die berechtigterweise erwartet werden kann. Weiterhin ist der Hersteller nach §4 Absatz 1 derjenige, der das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat. Hersteller ist in unserem Fall also derjenige, der das Computersystem entwickelt hat, das das autonome Fahrzeug steuert. Liegt nun ein Fehler dieses Systems vor und es kommt zu einem Schaden gemäß §3 Abs 1 S 1 ProdHaftG, könnte der Hersteller dafür haften.

Schwierigkeiten der Finanzierung und der Infrastrukturerweiterung

Für die Kommunikation der Fahrzeuge untereinander und mit computergesteuerten Systemen ist eine umfassende Daten-Infrastruktur notwendig. Der Satellitenempfang müsste ausgeweitet und optimiert werden. Vor allem im ländlichen Raum stellt der schlechte oder gar nicht vorhandene Internetempfang ein Problem dar. Neben den rechtlichen Hürden spielt also auch die Finanzierung und Erweiterung der Infrastruktur eine große Rolle.

Um ein flächendeckendes, funktionierendes Satellitennetzwerk aufzubauen benötigt es hohe Anfangsinvestitionen. Nicht nur die Daten-Infrastruktur muss ausgebaut werden, auch das Verkehrsnetz muss an das vernetzte Fahren angepasst werden. Beispielsweise müssen für einen optimalen und sicheren Verkehrsfluss Ampeln vernetzt werden, um die Kommunikation mit den Fahrzeugen zu ermöglichen. Bisher ist noch unklar, ob genügend finanzielle Mittel für eine solche Infrastrukturerweiterung vorhanden sind und wer sie in diesem Fall übernimmt.

Ein weiterer Aspekt, der bei der Entwicklung der autonomen Fahrzeuge in Betracht gezogen werden muss, sind die Herstellkosten der Autos. Solche Fahrzeuge erfordern ein hohes Maß an Elektronik. Daher stellt sich die Frage, ob die Verkaufspreise realistisch ausfallen und die Verbraucher sich die Zukunftsautos überhaupt leisten können. Amerikanische Experten schätzen die Kosten momentan auf rund 100.000 USD, was für Normalverdiener finanziell nicht zu stemmen ist.

Laut einer Prognose des statistischen Bundesamtes werden die Herstellkosten für Elektroautos im Jahr 2025 um ca. 80 % niedriger ausfallen als 2010. Diese Schätzung könnte man auch auf autonome Fahrzeuge übertragen, da auch die Kosten der selbstfahrenden Wagen durch Erfahrungskurven und Massenproduktion gesenkt werden können. Entwickelt ein Hersteller beispielsweise durch technologischen Fortschritt neue Fertigungsverfahren, kann der Output erhöht und die Stückkosten aufgrund gesteigerter Effizienz reduziert werden. Weitere Kostensenkungen können durch Optimierung der Produktionsprozesse und Fixkostendegression durch zunehmende Produktionskapazität erzielt werden.

Datenschutz, Datensicherheit und Datenmissbrauch

Das Thema Datenschutz sorgt heutzutage für reichlich Diskussion. Auch beim autonomen Fahren müssen wir uns mit Fragen zum Datenschutz auseinandersetzen. Ein gutes Beispiel hierfür liefert das eCall-System und die Kommunikation durch Car-to-Car. Fahrzeuge mit eCall Ausstattung übermitteln bei Unfällen automatisch Daten an den Notruf, beispielsweise den Standort. Prinzipiell ist es ein sinnvolles System, da schneller nach Hilfe gerufen wird und somit Menschenleben gerettet werden können. Aus datenrechtlichen Gründen entstehen jedoch Fragen wie: Welche Daten werden übermittelt? Werden diese weitergeleitet? Wem werden diese Daten bereitgestellt?

Bei Car-to-Car werden zwischen Fahrzeugen Informationen ausgetauscht, um den Fahrer vor gefährlichen Situationen oder Hindernissen zu warnen. Auch hier werden Daten versendet, bei denen man nicht weiß, inwieweit und zu welchem Zeitpunkt persönliche Daten über den Fahrer preisgegeben werden. Der Datenschutz ist ein Hindernis, das vor allem in Bezug auf die informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 1 (1) in Verbindung mit Artikel 2 (1) des Grundgesetzes noch geklärt werden muss. Um diese zu wahren, muss jede Person die Kontrolle über die Aussendung persönlicher Daten behalten. In einer Umfrage der FH Köln wird deutlich, dass der Großteil der Verbraucher den Datentransfer ihres Fahrzeuges an Polizei, Rettungsdienst, Versicherer, Pannendienst und Hersteller zu rund 60 bis 80 % strikt ablehnt.

Die Sicherheit des Fahrens durch autonome Fahrzeuge wird durch intelligente Kommunikationssysteme zwar erhöht – was aber, wenn Hacker die Elektronik manipulieren? Durch umfangreiche Vernetzung mit der Außenwelt und Übertragung großer Datenmengen steigt das Risiko vor Angriffen und Datenmissbrauch. Dass die zunehmende Elektronik große Sicherheitslücken beinhalten kann, haben nun zwei amerikanische IT-Spezialisten bewiesen. Es war ihnen möglich Bremsen auszuschalten, Tankanzeigen zu manipulieren oder die angezeigte Geschwindigkeit zu verändern. Solche Hackangriffe stellen eine große Bedrohung der Verkehrssicherheit dar und könnten sogar von Terroristen verwendet werden, um Unfälle herbeizuführen oder persönliche Daten zu missbrauchen.

Hindernisse bei der Gesetzgebung, Datenschutz und Finanzierung

Die vorangegangenen Überlegungen zeigen, dass die Rechtslage in Deutschland in den nächsten Jahren an die fortschreitende Technologie angepasst werden muss, um ein autonomes und modernes Fahren zu ermöglichen. Das teilautomatisierte Fahren mit Fahrerassistenzsystemen lässt sich mit dem aktuellen Gesetz bisher noch vereinbaren, da der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug trotz Unterstützung des Systems beibehält. Problematisch wird es bei vollautomatisierten Fahrzeugen, da sie zum einen für den Straßenverkehr unzulässig sind und zum anderen viele Fragen im Haftungsrecht ungeklärt bleiben.

Schlussendlich bleiben noch die Diskussionen um die Sicherheit der Elektronik und den Datenschutz. Durch die NSA-Affäre hat das Thema des Datenschutzes massiv an Relevanz gewonnen und muss in Zukunft geklärt werden, um die Privatsphäre der Verbraucher zu schützen. Weiterhin müssen Sicherheitslücken in der Elektronik ausfindig gemacht und geschlossen werden, um Hackerangriffe zu vermeiden.

Auch die Frage nach den Quellen für die Finanzierung der Daten- und Verkehrsinfrastruktur bleibt bisher noch ungeklärt. In Zukunft muss also vor allem an juristischen Sachverhalten und Sicherheitsaspekten gearbeitet werden, denn aus technischer Sicht wäre das autonome Fahren laut Experten schon in wenigen Jahren möglich.

Hintergrund: Dieser Artikel basiert auf einer Studienarbeit aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Autoindustrie – Die Mobilität von Übermorgen“, entstanden im Rahmen des Management-Seminar an der Hochschule Pforzheim.

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