Autonomes Fahren Teil 6/10: Funktionsweise und Vernetzungsarten

Durch das vernetzte Fahrzeug wird eine drahtlose Datenübertragung zwischen Fahrzeugen oder mit der Umwelt in Echtzeit hergestellt. Dies eröffnet zahlreiche neue Möglichkeiten wie Sicherheitsvorteile, den eCall, oder auch eine effizientere Fahrweise und Unterhaltungsprogramme.

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Dies funktioniert, sobald das Auto über eine eigene IP-Adresse verfügt. Laut dem US Ministerium für Verkehr ermöglicht die vernetzte Technologie den Austausch von anonymen, fahrzeugbasierten Daten in Bezug zu Position, Geschwindigkeit und Lage. Von der ständigen Vernetzung mit Fahrzeug- und Fahrerrückmeldungen profitieren sowohl Entwicklung als auch Vertrieb, Kundenservice und Produktion.

Bei der Bedienung der neuen Systeme wird primär auf eine Touchscreen-Lösung gesetzt. Diese hat sich schon bei Smartphones, Navigationssystemen und Tablets bewährt und ist einfach zu bedienen, weist einen hohen Nutzerkomfort auf und lenkt den Fahrer möglichst wenig ab. Zudem wurden auch ergonomische Vorteile für ältere Menschen im Vergleich zu anderen Eingabemethoden festgestellt. Ergänzend dazu kann auch noch die Sprachsteuerung für die Bedienung integriert werden.

Car-to-Car-Vernetzung: Verbindung zweier Fahrzeuge

Der Begriff Car-to-Car beschreibt die Vernetzung von zwei Fahrzeugen untereinander. So kann beispielsweise durch die Fähigkeit des Autos, im 360° Rundumblick alles um sich herum wahrnehmen zu können, eine Gefahr, die von anderen Fahrzeugen ausgeht, rechtzeitig erkannt werden. Das System berechnet dann das Risiko und gibt falls nötig eine Warnung oder Handlungsempfehlung heraus.

Im Zentrum der Car-to-Car Kommunikation steht die „Here I Am“ Applikation, mit der die Lage und die Geschwindigkeit der sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Autos festgestellt werden können. Dann werden die Daten mit den Fahrzeugmaßen kombiniert, um so ein umfassendes Bild der umliegenden Fahrzeuge zu erstellen.

Die Zukunftsvision sieht so aus, dass schließlich alle Fahrzeuge auf der Straße via Funk oder WLAN miteinander verbunden sind und untereinander kommunizieren und Daten austauschen können. Laut Schätzungen des US Transportministeriums wird durch die Car-to-Car Kommunikation ein aktives Sicherheitssystem ermöglicht, dass den Fahrern helfen kann bis zu 76 % aller Unfälle zu vermeiden. So könnten die Fahrzeuge sich beispielsweise gegenseitig vor Glatteis, Staus oder Unfällen warnen.

Im Hinblick auf diese positiven Einschätzungen spielt die amerikanische Regierung in diesem Gebiet eine Vorreiterrolle und will die Car-to-Car Vernetzung so schnell wie möglich etablieren. So wurden dazu schon einige größere Feldtests durchgeführt und seit August 2012 fahren in Michigan 3.000 Autos auf den Straßen als Versuchsreihe. Als nächsten Schritt kündigte die Regierung schon erste Maßnahmen an, die Technologie landesweit in Autos einzuführen; konkrete Absatzzahlen oder ab wann genau die Fahrzeuge auf dem Markt erhältlich sein werden, sind allerdings noch nicht bekannt.

Die europäische Union plant derzeit, 2015 die ersten vernetzten Autos im Verkehr zuzulassen. Erste Vorformen des Smart Connected Vehicle sind sogar schon seit Sommer 2012 Realität. Das „Connected Drive“ System von BMW liest zum Beispiel dem Fahrer laut E-Mails vor und das Auto lässt sich per iPhone auf- und zuschließen. Auch Mercedes-Benz verfügt bereits über einen eigenen App Store, den sogenannten „Mercedes Benz App Shop“, auf dessen Apps der Benutzer über die „Mercedes-Cloud“ zugreifen kann. Dafür hat der Automobilhersteller eine eigene VPN-Infrastruktur kreiert, das „Daimler Vehicle Backend“.

Eine weitere Möglichkeit bietet der Zugriff auf Daten durch die Cloud. Denn beim Cloud Computing werden die eigenen Daten nicht mehr nur auf dem PC gespeichert, sondern befinden sich auch in einer „Wolke“, auf die man mithilfe eines Internetzugangs von überall zugreifen kann. Somit könnte man auch das Auto zu einem mobilen Arbeitsplatz machen.

Car-to-X-Vernetzung: Verbindung der Fahrzeuge mit der Umwelt

Bei der Car-to-X oder auch Car-to-Infrastructure genannten Vernetzung wird die Zusammenführung von der Car-to-Car Kommunikation mit der Vernetzung von Verkehrsanlagen, Infrastruktur und Servicediensten angestrebt. Ziel ist es, die Sicherheit zu erhöhen und dabei gleichzeitig den Verkehrsfluss zu optimieren.

Die Vernetzung läuft über Schnittstellen in der Luft, die die Daten empfangen und versenden. Dadurch können die Angaben zusammengeführt werden und man kann relevante Informationen der Verkehrsteilnehmer wie Geschwindigkeit und Position, etc. ermitteln. Diese gesammelten Daten können dann über die Car-to-X Technologie Infrastruktureinrichtungen wie Ampeln und Leitsystemen oder anderen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung gestellt werden. Das im Fahrzeug befindliche Modem wertet die Informationen aus, die Resultate nutzt der Fahrer für seine Navigation oder es werden dadurch bei Bedarf Sicherheitseinrichtungen im Auto aktiviert.

Beispielsweise kann dies einem Fahrer helfen, der sich einer Ampelkreuzung nähert. Die Ampel steht schon eine Weile auf grün und der Fahrer fragt sich, ob er lieber abbremsen oder beschleunigen sollte, damit er noch während der Grünphase die Kreuzung überquert. In solch einem Fall überträgt das Auto seine Position, den Abstand, die aktuelle Geschwindigkeit und seine Beschleunigung an die Ampelanlage. Diese gibt dann die Information an das Fahrzeug zurück, wann die nächste Grünphase kommen wird. Der Fahrer sieht auf einem Display die vorgeschlagene Geschwindigkeit, bei der er es noch bei Grün über die Ampel schafft, alternativ erscheint eine Empfehlung zum Abbremsen.

Auch der Kraftstoffverbrauch kann mit der Car-to-X Technologie reduziert werden. Je mehr Daten über die Verkehrslage zur Verfügung stehen, desto besser kann das System den Verkehrsfluss einschätzen. Folglich kann das Fahrzeug möglichst effizient abbremsen oder beschleunigen und kraftstoffsparend durch den Verkehr geleitet werden. VDA-Präsident Matthias Wissmann ist überzeugt, dass „bei einer vollständigen Durchdringung mit Car-to-X-Funktionen volkswirtschaftliche Kosten von jährlich über 11 Milliarden Euro eingespart werden können“.

Im Jahr 2010 haben Siemens und BMW ein System vorgestellt, das die Daten zwischen Ampel und Fahrzeug übermittelt und somit den Brems- und Anfahrprozess optimieren kann. Dadurch dass die Fahrzeuge den Ampelzyklus im Voraus kennen, können sie Bremsenergie sparen und sich kraftstoffsparender im Verkehr bewegen.

eCall: Automatisches Notrufsystem in Neuwagen ab 2015

Mit der europaweiten, verbindlichen Einführung des eCalls in Neuwagen ab Oktober 2015 ist schon heute eine Regelung verabschiedet, die die mobile Datenübertragung vom Auto an Dritte flächendeckend Realität werden lässt. Der eCall (emergency call oder auch automatischer Notruf) ist ein System, das bei einem Unfall durch die Airbag-Sensoren automatisch über das Mobilfunknetz einen Notruf an die nächste Notrufabfragestelle sendet.

Bei diesem Vorgang wird die Position des Unfallortes weitergeleitet. Zusätzlich wird auch eine Telefonleitung zwischen dem Unfallwagen und der Notrufzentrale hergestellt. Somit kann der Rettungsdienst bei Unfällen zukünftig wesentlich schneller Hilfe leisten. Und auch wenn das Opfer nach dem Unfall bewusstlos ist und keine Sprachverbindung zustanden kommt, kann ihm durch die Ortung des Fahrzeugs trotzdem schnell geholfen werden.

Für die Übertragung der Daten wird die europaweite Notrufnummer 112 benutzt. Der Standort des Unfallwagens wird anhand des Satellitennavigationssystems GNSS ermittelt und ermöglicht so eine schnelle und zuverlässige Ortung des Wagens. Ein erster Praxistest hat gezeigt, dass in 90 % aller Fälle eine Verbindung mit der Notrufzentrale innerhalb von 25 Sekunden möglich war. Die gesetzliche Regelung des eCalls ist im Amtsblatt der Europäischen Union unter der Delegierten Verordnung Nr. 305/2013 festgehalten. Hinsichtlich der Ausstattung der Fahrzeuge hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Typgenehmigungsverordnung erstellt, die bis zum 1. Oktober 2015 eingeführt werden soll.

Laut einer Studie der mbtech GmbH kann der eCall als „Killer-Anforderung“ für die Einführung der vernetzten Mobilität angesehen werden. Eine Killer-Anforderung beschreibt die entscheidende technische Anforderung, deren Wert so hoch ist, dass sie dafür sorgt, dass die Technologie sich weiterverbreitet und auf dem Markt etabliert.

Auch der automatische Notruf ist eine solche Anforderung; 78 % aller Befragten sehen ihn als Hauptgrund an, vernetzte Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Vor allem durch die gesetzliche Vorschrift kommen die OEM nun nichtmehr umhin, sich mit der Technologie der vernetzten Mobilität auseinanderzusetzen. Ob die Leistungen des eCall Systems aber ausreichend sind, um auch andere Technologien der Vernetzung in das Auto zu integrieren ist noch nicht geklärt. Ein Viertel der Befragten sieht auch die Gefahrenwarnung oder Ferndiagnosen des Autoherstellers als mögliche Faktoren, die zum Durchbruch führen könnten.

Betrachtet man die Bekanntheit des eCalls in der Bevölkerung, so ist diese noch nicht besonders hoch. Der Autor der Studie „der vernetzte Autofahrer“, Horst Müller-Peters, erklärt, dass nur etwa 40 % aller Teilnehmer schon einmal vom eCall gehört haben. Darunter kannten ihn mehr Jüngere als ältere Befragte und mehr Männer als Frauen. Aber fast alle Befragten sehen den eCall als positive Entwicklung an, nur 4 % sind dagegen. Die geschätzten Mehrkosten von 150 Euro bis 200 Euro, die ein Neuwagen mit integriertem eCall System kosten wird, sind die meisten Verbraucher bereit zu tragen. Allerdings sind ihnen Datenschutzaspekte sehr wichtig.

Hintergrund: Dieser Artikel basiert auf einer Studienarbeit aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Autoindustrie – Die Mobilität von Übermorgen“, entstanden im Rahmen des Management-Seminar an der Hochschule Pforzheim.

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